Nachdem wir bei schönstem Wetter den Fasnachtsumzug in Weil am Rhein genossen hatten (siehe dieser Beitrag), ging es am Sonntagabend direkt nach Liestal, dem Hauptort des Schweizer Kantons Basel-Landschaft. Zur Fasnacht wird dort ein wahrhaft bizarrer und, ehrlich gesagt, auch nicht ganz ungefährlicher Brauch gepflegt, der aber darum um so faszinierender ist: der sogenannte Chienbäseumzug. Man könnte sagen, dass es sich dabei um einen Umzug aus Feuer und glühender Kohle handelt, der sich da mutmaßlich direkt aus einem Höllenschlund – dem Törli – durch die finstere, mittelalterlich anmutende Altstadt schlängelt.
So heiß ist es mir jedenfalls im Kreuz noch nie geworden, denn die flammenden Wagen fahren in den engen Gassen gefährlich nah an den Zuschauern vorbei und wenn der Wind aus der entgegengesetzten Richtung weht, züngeln einem die Flammen gerne mal scharf über den Buckel. Alte, möglichst schlecht brennbare Kleidung ist hier also alleine schon wegen des immensen Funkenfluges Pflicht und selbst mit den Kameras mussten wir aufpassen, dass wir den Flammen nicht allzu nahe kamen.
Kyra hatte in der Feuersbrunst übrigens noch eindringlichere Erlebnisse, nachdem plötzlich ein Zuschauer auf Sie zugelaufen kam, mit den beunruhigenden Worten: „Entschuldigung, Sie brennen!“. Und tatsächlich, an einer der alten Stiefeletten loderten Flammen empor. Die waren aber glücklicherweise schnell gelöscht, worauf wir uns wieder darauf konzentrieren konnten, die infernalisch Funken schlagenden Feuerwagen und Chienbäse (die übrigens bis zu 100 kg wiegen können), mit Ihren furchtlosen und erstaunlich hitzeresistenten Schleppern und Trägern, auf den Sensor zu bannen.
Übrigens, das Fotografieren war nicht nur wegen der immensen Hitze nicht ganz so trivial. Einmal abgesehen von den Schwierigkeiten, gute Bildausschnitte zu erhaschen, mussen wir aufgrund der unterschiedlichen Helligkeiten der kleinen und größeren Feuer auch die Belichtungseinstellungen stets neu anpassen. Die Flammen, die neben ihrer starken Helligkeit auch noch sehr schnell hin und her züngeln, sollten schließlich weder weiß überstrahlen, noch total verwischt und schwammig daherkommen.
Die besten Ergebnisse gelangen uns bei Belichtungszeiten von 1/320 bis 1/640 Sekunde, ISO-Automatik und Belichtungskorrekturen zwischen -2 und +0,3 EV im Modus A (Nikon) bzw. Av (Canon).
Je nach Mut und Möglichkeit haben wir Brennweiten zwischen 18 und 200mm verwendet. Je mehr Tele, desto stärker wurde auch die von der Hitze flimmernde Luft im Bild sichtbar.
Naja, und was natürlich auch nicht ganz unwichtig war – rechtzeitig an Ort und Stelle sein, denn das Gedrängel ist wirklich riesig. Wenn wir den Chienbäseumzug noch einmal besuchen, werden wir Gummistiefel tragen und uns Mützen auf den Kopf setzen. Die Gummistiefel deshalb, weil die Feuerwehr enorme Mengen an Wasser ins Törli spritzt, damit die mittelalterlichen Holzbalken den Feuerangriff überstehen, und man daher durch ein Gemenge aus Kohlestückchen, Räppli (Konfetti) und Wasser watet. Die Mütze schützt die Haare vor Funkenflug. Uns ist nichts passiert, aber es war hin und wieder der typische Geruch angesengter Haare zu riechen.
Der Chienbäseumzug ist wirklich ein wunderbares Spektakel, das man als Feuerliebhaber unbedingt erlebt haben muss. Die Bilder können das stets präsente Glutofengefühl jedenfalls nur eingeschränkt wiedergeben. Grandios!!!