20.03.2015, 8 Uhr morgens, endlich war es soweit, der Vormittag, auf den wir schon seit einigen Tagen hin gefiebert hatten, kündigte sich mit dem fiepen des Handyweckers an. Dann der erste bange Blick zum Himmel und „strike“, kein Wölkchen am Firmament, das sich zwischen unsere Objektive und die beiden im Mittelpunkt stehenden Himmelskörper hätte schieben können. Ein perfekter Tag also, um sich fotografisch der letzten totalen Sonnenfinsternis in Europa vor 2026 zu widmen. Wobei das „total“ sich allerdings auf den Nordatlantik bezieht und so nur auf den Färöer-Inseln und Spitzbergen beobachtet werden kann. Im noch sonnigen Berlin bekommen wir, da in deutschen Landen relativ weit nördlich gelegen, aber immerhin noch eine 74,3 %ige Abdeckung der Sonne geboten.
Die Stop-Motion-Animation zeigt den gesamten Durchlauf der Sonnenfinsternis.
Unserem vormittäglichen Rendezvous mit dem zentralen Stern unseres Sonnensystems würde also nichts im Wege stehen. Wobei es ja eigentlich eher ein Fotoshooting mit dem Mond im Mittelpunkt des Geschehens wird, denn der ist, zumindest auf dem Höhepunkt des Ereignisses, eigentlich der prominentere Himmelskörper im Bild. Die Sonne hingegen besticht in erster Linie durch ihr – partielles – Verschwinden. Allerdings, ohne Helios Strahlkraft wäre Luna gar nicht in der Lage, sich uns als schwarze Scheibe zu präsentieren. Na dann mal los!
Aufgrund des super Wetters konnten wir auf eine längere Fahrt, um etwaigen Wolken zu entfliehen, verzichten und haben unsere Kameras ganz bequem direkt am Rande einer Weide in Berlin-Heilgensee aufgestellt. Die eine Kamera wurde bestückt mit einem 70-200 mm Objektiv plus 1,4fach-Konverter und die andere mit einem 500 mm-Festwinkelobjektiv und 2fach-Konverter, um das Ereignis auch schön groß abgebildet zu bekommen.
Für das kleinere Objektiv hatten wir zwei ND-Filter hintereinander befestigt, einen Hoya NDx400 Schraubfilter (ca. 8-stop) und den Formatt Hitech Pro Stop (6-stop) Steckfilter am Lee Filterhalter. Damit ließ sich eine ordentliche Gesamtreduktion des Lichts von etwa 14 ganzen Blendenstufen erzielen. Die Belichtungswerte lagen daher auch in einem ganz normalen Bereich: Blende f5,6 und 1/100–1/125 s bei ISO 100.
Bei dem 500er haben wir, in Ermangelung eines Filters im Bratpfannenformat, eine handelsübliche gold-silberne Rettungsdecke über die Sonnenblende gezogen (silberne Seite zur Sonne) und mit Einmachgummis befestigt. Das hatte schon bei dem Venustransit 2012 sehr gut funktioniert. Fertig war der technische Aufbau, um Sonne und die sich davorschiebende Mondscheibe adäquat auf den Chip zu bannen. Hierzu war es allerdings notwendig, mit den Belichtungsparametern ins Extreme zu gehen. Soll heißen, dem sehr hohen Blendenwert von f51-64 wurde eine Belichtungszeit von 1/8000 s bei ISO 100 zur Seite gestellt. Unser Vorversuch, die Folie doppelt zu nehmen, um die Werte nach unten regulieren zu können, resultierte in einer deutlich schlechteren Bildqualität, was für uns natürlich nicht akzeptabel war.
Von 9:39 bis 11:55 Uhr waren wir dann vollauf damit beschäftigt, jede Minute eine Aufnahme zu machen, damit auch für die Stop-Motion-Animation genügend Bilder zur Verfügung stehen. Summa summarum haben wir also 136 mal den Auslöser gedrückt, wobei es wohl sogar ein paar Bilder mehr waren, da wir zu bestimmten Zeiten zur Sicherheit mit jeweils zwei verschiedenen Belichtungszeiten bzw. Blendenwerten gearbeitet haben.
Da sich die Sonne erstaunlich schnell durch den Bildausschnitt bewegt, haben wir vor jeder Aufnahme das Livebild angeworfen, den Bildausschnitt zuecht gerückt, ausgelöst und das Livebild wieder beendet, um den Sensor zu schonen. Aber auch durch den Sucher der Kamera mit dem 70-200mm Objektiv war eine Sonnenbeobachtung gefahrlos möglich, weil die beiden ND-Filter das Licht so stark reduzierten, dass die Sonne auch bei Offenblende (in dem Fall f4) stark genug abgedunkelt wurde. Bei dem 500 mm-Objektiv war der Sucherblick nicht möglich, denn bei Offenblende (in dem Fall f5,6 im Vergleich zur Arbeitsblende f51-f64!!!) war die Lichtstrahlung für die Augen viel zu hoch.
Erstaunlich fanden wir übrigens, dass selbst bei der größten Abdeckung der Sonne durch den Mond bei uns auf der Kuhweide kaum eine richtige Verdunkelung der Umgebung wahrnehmbar war. Dafür spürten wir eine deutliche, sich leicht gespenstisch anfühlende, Abkühlung der Luft und eine sonderbare Änderung der Farbe des Lichts,die allerdings mit Worten nur sehr schwer zu beschreiben ist. Tja, einen Hauch von Mystik versprühen solche Naturphänomene eben auch in modernen Zeiten.